22. Reisetag – Dienstag, 27.1.2015 Seetag
Die zwei vor uns liegenden Seetage lassen mir Zeit, die Erlebnisse in Rio aufzuschreiben. Die Seetage verlaufen bei uns schon nach einem festen Schema. 7:30 Uhr Aufstehen und Frühstücken, dann ist es schon 10:30 Uhr. Bis zum Mittagessen setze ich mich in den Jamaica-Club um am Blog zu arbeiten. Der Jamaica-Club ist eine Raum mit großen Panoramafenstern und vor allem gibt es dort vernünftige Stühle und Tische und nicht wie in anderen Bars und Räumen des Schiffes, in denen man Clubsessel mit Cocktailtischchen oder Lounge-Sofas in denen man besser liegen als sitzen kann, vorfindet. Der Jamaica-Club ist zwar in erster Linie als Spielzimmer für Karten- und Gesellschaftsspiele gedacht, aber für mich ist immer noch ein Tisch frei. Vormittags ist es sehr ruhig, nachmittags, wenn die Skatspieler anrücken, kann es durchaus mal laut und hektisch werden, wenn sich nach einem vergeigten Spiel die Spielpartner in die Haare kriegen.
Des Weiteren befinden sich hier eine Reihe von Bildschirmen, von denen aus man für einen Euro eine E-Mail versenden kann oder auch mit einem teuer erkauften Zeitkontingent (15 Minuten = 7 Euro).
Wenn niemand von den Phoenix-Leuten in der Nähe ist, fragt man mich oft, wie denn auf dem Schiff das mit dem Internet funktioniert. Anscheinend verleiht mir mein Netbook, mit dem ich hier arbeite, einen kompetenten Eindruck.
Die interessanteste Einrichtung hier im Jamaica-Club sind allerdings die Sprech- und Beratungszeiten für die Gold- und Silbergäste (das sind die mit den Balkonkabinen) durch den Phoenix-Mann Bernd Wallisch. Es lohnt sich, etwas lange Ohren zu machen, um mitzubekommen, welche Fragen und Beschwerden hier vorgetragen werden.
Ratzfatz ist es Zeit fürs Mittagessen, anschließen vielleicht noch ein kleines Mittagsschläfchen und um 17:00 Uhr ist es schon wieder Zeit für den Fitnessraum. Vor dem Abendessen kann man noch übers Deck schlendern und/oder in Harry’s Bar einen Drink zu sich nehmen.
An den diversen Abendveranstaltungen kann man teilnehmen oder es auch lassen und in Harry’s Bar etwas lesen oder Doris und ich liefern uns ein heißes Scrabble-Duell.
In meinen beiden Reiseblogs von 2013 habe ich ja bereits ausführlich über das Bordleben, Galaabende und Tagesprogramme berichtet, sodass ich mich hier kürzer fassen kann
23. Reisetag – Mittwoch, 28.1.2015 Seetag
Der Kapitain in bajuwarischer Verkleidung aber mit Rangabzeichen.
An diesem Morgen gab es wieder mal einen maritimen Frühschoppen mit Freibier auf dem Außendeck mittschiffs, der Kopernikus Bar. Da bei der momentanen Hitze ein Bier genügt hätte, den Rest des Tages nur noch verschwömmen wahrzunehmen, schickte ich Doris zum Fotografieren und blieb selbst im klimatisierten Jamaica-Club.
Die Wettervorhersage für morgen sagt eine etwas kippelige See voraus, was die Vermutung nahe legt, dass das vorgesehene Tendern schwierig bis unmöglich sein wird.
24. Reisetag – Donnerstag, 29.1.2015 Punta del Este Seetag
Und so war es. Wir ankerten heute früh wie vorgesehen vor Punta del Este in Uruguay an der Mündung des Rio de la Plate (Silberfluss) in den Atlantik, aber das heruntergelassene Tenderboot schaukelte wie wild und wurde durch die langgezogenen Wellen, dem sogenannten Schwall, auf und ab bewegt. So wurde den Passagieren demonstriert, dass ein tendern an Land nicht möglich ist, weil das Umsteigen von der Artania ins Tenderboot und umgekehrt viel zu gefährlich ist. Zwar konnte und hat mit Sicherheit unser Kapitän Morten Hansen allein von der Beobachtung der Wasseroberfläche erkannt, was Sache ist. Aber durch die Demonstration mit dem auf dem Wasser tanzenden Tender hat er die vielen hundert anderen Kapitäne, die wir hier an Bord haben, davon abgehalten, seine Entscheidung in Form von endlosen Diskussionen untereinander und vor allem mit der Reiseleitung anzuzweifeln.
Das Tenderboot wurde also wieder eingeholt und den Passagieren noch ein wenig Kasperltheater insofern vorgespielt, dass man tatsächlich ernsthaft versuchen werde, vielleicht alternativ nach Montevideo auszuweichen oder gleich Kurs nach Buenos Aires nimmt, um es statt morgen früh schon heute Abend zu erreichen Aber aus den alles wurde natürlich nichts. Logisch, die Liegeplätze, die Lotsen etc. werden schon ca. 3 -4 Jahre vorher reserviert und solche Planungen kann man nicht in einer halben Stunde abändern. Vielmehr drehten wir bis zum Abend Warteschleifen im Rio de la Plata.
Der Rio de la Plate, sieht auf der Landkarte und auch vor Ort wie Meeresbucht aus, ist aber der 290 km lange und bis zu 220 km breite Mündungstrichter der beiden Ströme Paraná und Uruguay. Im Rio de la Plate gibt es nur eine schmale Fahrrinne, durch die die Schiffe im Konvoi fahren, denn diese Rinne wird nach einer Art Fahrplan als Einbahnstraße einmal vom Atlantik und zu einem anderen Zeitpunkt zum Atlantik genutzt. Schon allein deshalb war die in Aussichtstellung von Montevideo oder Buenos Aires als Alternative nur Makulatur, da beide Metropolen am Rio de la Plata liegen, Montevideo am Nordufer und Buenos Aires am Südufer.
Wir hatten heute also einen zusätzlichen Seetag gewonnen. Doris und ich waren nicht böse darüber.
Trotz dieses zusätzlichen Seetages ist es mir noch nicht gelungen, den Bericht über Rio de Janeiro fertig zu stellen, geschweige denn, das bereits Geschriebene mal auf Formulierungs- und Rechtschreibfehler zu kontrollieren. Ich fürchte, dass dies sich weder jetzt noch in Zukunft groß ändern wird. Ich bitte diesbezüglich um gnädige Nachsicht. Vielleicht könnte ich ja die Passagiere um Hilfe bitten, denn wo es hunderte von Kapitänen gibt, findet man doch sicher auch ein Heer von Oberlehrern.
25. Reisetag – Freitag, 30.1.2015 Buenos Aires/Argentinien (1.Tag)
Pünktlich um 7 Uhr morgens machten wir im großen Containerhafen von Buenos Aires an der Pier fest. Für heute standen für uns keine Ausflüge auf dem Programm. Unser primäres Ziel war: „Ich lerne U-Bahn-Fahren“, aber nicht ohne zuvor im Wartebereich Hafenterminal erstmal E-Mails abrufen. Das Passwort für das WLAN-Netz wurde durch Mund-zu-Mund-Propaganda weitergegeben.
An einem kleinen Informationsstand wurden wir von einer jungen Dame ausgezeichnet beraten. Die nächste U-Bahn-Station, sie heißt Retiro, ist ca. 1 km vom Hafen entfernt. Aber um U-Bahn zu fahren, braucht man argentinische Pesos im Gegensatz zu den Taxifahrern rund um den Hafen, die auch US-Dollars und Euros akzeptieren. Zur Freude der Taxler und zum Leidwesen der neuankommenden potentiellen U-Bahn-Fahrer gibt es weder im noch um das Hafengebäude eine Wechselstube, sondern erst im 2-3 km entfernten Zentrum.
Sollte uns das Schrecken? Nein, wir machten uns also auf, die Stadt erst mal zu Fuß zu erkunden. Vorbei am Eisenbahnbahnhof und am Busbahnhof kommen wir zur bereits erwähnten U-Bahnstation Retiro. Zwar haben wir noch keine argentinischen Taler in der Tasche, aber wir wollten uns schon mal einen Streckenplan besorgen. Sowas gab es dort aber nicht. Selbst mit Unterstützung eines Argentiniers war nichts zu machen. Wir tappen also erstmal “planlos“, zumindest was die U-Bahn betrifft weiter, konnten uns mit dem Stadtplan gut orientieren.
Wir müssen unseren Weg nur einmal kurz unterbrechen, um einen kleinen Demonstrationszug vorbeizulassen. Wer da gegen was demonstrierte, blieb uns allerdings verschlossen.
Am Anfang von Florida kommen wir dann doch noch bei einer Tourist-Info zu unserem U-Bahn-Streckenplan. Florida ist übrigens nicht nur ein US-Bundesstaat sondern auch der Name der touristischen Einkaufsstraße von Buenos Aires. Geldwechseln scheint jetzt vordergründig kein Problem mehr. Nicht gelogen – alle 10 Meter steht jemand und ruft gebetsmühlenartig: „Cambio, cambio, cambio …“. „Cambio“ heißt wohl Geldwechsel. Diese Leute bieten auf der Straße Pesos gegen Dollars und Euros an, zu einem Kurs der ca. 40% über dem offiziellen Wechselkurs liegt. Wir wurden aber gewarnt, dass viele dieser Geldwechsler einem Falschgeld andrehen oder sonst irgendwie übers Ohr hauen. Aber ich bin überzeugt, dass die meisten von Ihnen ehrlich tauschen und lediglich ihr Geld steuerfrei vor der Inflation retten wollen, aber Betrüger gibt es wohl auch noch genügend.
Also marschieren wir brav in die uns angegebene Wechselstube, die sich in dem modernen und noblen Einkaufzentrum Galerias Pacifico befindet. Das Zentrum ist von einer großen Kuppel überdacht, die mit Deckengemälden versehen ist. Der Begriff Einkaufstempel kommt einem hier zwangsläufig in den Sinn. Der Geldwechsel ist eigentlich problemlos, ist aber mit viel Verwaltungsaufwand verbunden. Die Daten von Doris‘ Personalausweis wurden erfasst und sie musste auf einem doppelseitig bedruckten Formular 3x unterschreiben und zusätzlich den Namen noch mal in Klarschrift hinzufügen. Was die Schwarzhändler bzw. Tauscher mit ihren Dollars machen, bleibt uns natürlich schleierhaft.
Florida ist eine Fußgängerzone, deren Geschäfte sich wenig von denen anderer touristischer Zentren in anderen Städten unterscheidet. Schaut man aber ein wenig nach oben, dann sieht man erst die wunderschönen Fassaden im kolonialen Baustil.
Nun stand aber U-Bahn fahren auf dem Programm und wir schafften es tatsächlich bis zum nächsten touristischen Muss, die gar nicht soweit von Florida entfernte Catedral Metropoitana.
Das Tarifsystem der U-Bahn ist bestechend einfach, eine Fahrt kosten 50 Pesos, das sind 50 Eurocent, und man kann fahren solange man will und wohin man will. Das Ticket verliert genau dann seine Gültigkeit, wenn man einen Bahnsteig bzw. Umsteigeberich verlässt. Eine elektronische Kontrolle erfolgt nur an den Drehkreuzen hinter denen man zum Bahnsteig gelangt.
In vielen Stationen sind die Wände der Bahnsteige mit wunderschönen Bildkacheln verziert.
Wir befanden uns nun im kulturellen Zentrum der Stadt und gingen nach der Besichtigung der Kathedrale die kurze Strecke bis zum Plaza de Mayo zu Fuß, in dessen Mitte ein hoher Obelisk steht. An der Stirnseite des Platzes steht der rosafarbene Präsidentenpalast, die Casa Rosada. Hier ist der Amtssitz der Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, die seit ihrem Amtsantritt ihr bisheriges beträchtliches Vermögen wie durch Zauberhand vervielfachen konnte. So wusste zumindest ein argentinischer Reiseleiter zu berichten und ich bin geneigt, ihm zu glauben.
Wir sind immer wieder beeindruckt über die großzügig angelegten Plätze und Straßen. An Platz mussten die Stadtplaner seinerzeit wohl nicht sparen.
Irgendwann tun einem bei einer Stadtbesichtigung immer die Füße weh, so auch hier und jetzt und wir fuhren (natürlich mit der U-Bahn) zur Station Retiro. Ging es am Morgen, als wir unsere Erkundung begannen hier noch recht beschaulich her, pulsierte jetzt so richtig das Leben - Straßenhändler, Verkaufsbuden und “Fressbuden“ , alle auf der Suche nach Kundschaft.
Ein mobiles “Möbelgeschäft“ mit sehr beschränktem Angebot, nämlich mit je einem Modell “Klapptischchen rund“ und einem Modell “Klapptischchen eckig“, beide in Fichte rustikal, weckte unser Interesse. Und nach reiflicher Überlegung entschieden wir uns für das eckige Modell, ließen es uns von dem Mann-mobilia noch einmal vorführen. Das Möbel funktionierte einigermaßen und wir erstanden es für 120 Pesos (12 Euro).
Jetzt wird der ein oder andere Leser zu Recht fragen, wozu das Ganze, hat die Sonne den Beiden den Verstand etwas angesengt? Nein, natürlich nicht. Die Auflösung dieses „Cliffhangers“ erfolgt in einem späteren Kapitel dieses Blogs. Also unbedingt weiterlesen!
26. Reisetag – Samstag, 31.1.2015 Buenos Aires (2.Tag)
Für den heutigen Vormittag haben wir einen Ausflug gebucht “ Tigre und Paraná -Delta“. Tigre ist ein Städtchen. Von dort starten die Ausflugsboote, die durch die Kanäle fahren, die durch das Mündungsdelta des Rio Paraná entstanden sind. Die vielen Inselchen zwischen den Kanälen sind bebaut - mit einfachen aber auch villenartigen Ferienhäusern. Wasser, Abwasser und Gas ist dort nirgends verlegt. Versorgungsschiffe, kleine schwimmende Supermärkte, klappern die Inseln ab und bringen alles Lebensnotwendige einschließlich Gasflaschen und Trinkwasser in Flaschen zu den Häusern.
Die Fahrt mit dem Ausflugsboot ist ganz nett, allerdings sieht man die Landschaft lediglich aus der Froschperspektive, da das Boot nur einstöckig ist. Manchmal sieht man auch gar nichts, da nervöse Fotografen die Sicht versperren. So wies z.B. der Reiseleiter, der im Boot die Ansage machte, auf ein in Fahrtrichtung vor uns liegendes Supermarktschiff aufmerksam, dass unter anderem auch einige Säcke Zwiebeln mit sich führte, was er ausdrücklich erwähnte. Sofort sprangen gefühlte 150 Hobbyfotografen auf, stürmten teilweise an die Seitenfenster, um besagte Zwiebeln als Bilddokument für die Ewigkeit festzuhalten. Ich bleibe sitzen, denn ich hatte schon einige der bereits gesichteten Supermarktboote im Kasten und Zwiebeln gehören nicht zu meinen bevorzugten Fotomotiven. Aber da bin ich wohl die Ausnahme.
Auf der Rückfahrt nach Buenos Aires legten wir in einem Vorort noch einen halbstündigen Stopp ein, mit der Möglichkeit, eine Kirche zu besichtigen. Bevor wir aber, nachdem wir aus dem Bus ausgestiegen waren, die Kirche erreichten, hätten wir einen Platz mit einem kleinen Kunsthandwerksmarkt passieren müssen. Soweit kam es dann aber nicht. Deshalb sahen wir die Kirche nur aus einiger Entfernung und nur von außen.
Zurück im Hafenterminal im Wartebereich (da wo es auch WLAN gibt) und gestern nur eine Handvoll Leute surften, war jetzt der Teufel los. Ein Costa-Schiff war angekommen und vollzog einen Passagierwechsel und hunderte, vielleicht sogar tausend neue Passagiere warteten nun, dass sie einchecken können. An Internet war jetzt nicht mehr zu denken, denn die Wartenden wollten auch alle ein wenig surfen und das Netz war natürlich hoffnungslos überlastet.
Am Nachmittag ging es wieder auf eigene Faust in Richtung Stadt, diesmal in die Avenida de Mayo, wo es noch einige sehenswerte Bauwerke gibt. Wir stießen bei unserer Expedition sogar noch auf ein Modell der Iguaçu-Wasserfälle. Die „echten“ Wasserfälle liegen in einem Nationalpark im Landesinneren. Phoenix bot einen 2-Tagesausflug (mit Flug) zu den Wasserfällen für 950 € pro Person dorthin an. Das hiesige Modell spritze uns aber genauso nass, wie es der echte Wasserfall auch getan hätte.
Den gesamten Rückweg legten wir zu Fuß zurück, kamen noch einmal an Florida vorbei, wo Straßenkünstler eine Tangovorführung gaben. So kamen wir noch in Genuss eines echten argentinischen Klassikers, dem Tango.
Am Abend gegen 21:00 Uhr versuchte ich noch mal mein Glück im Terminal bezüglich Internet. Dort wo es vor einigen Stunden noch vor Menschen gewimmelt hatte, war jetzt nichts mehr los. Leider gab es beim Hochladen des inzwischen auf meinem Netbook aktualisierten Blogs Probleme, weil mein Provider, auf dessen Internet-Server mein Blog „gehosted“ wird, einige Parameter geändert hat. Deshalb mussten die Dateien für den Upload noch einmal abgeändert werden. Das wollte ich in Ruhe auf dem Schiff machen und dann gleich morgen früh endlich die neuen Berichte und Bilder ins Netz hochladen….
27. Reisetag – Sonntag, 1.2.2015 Buenos Aires (3.Tag)
…. Dazu fuhr ich gleich morgens um halb neun mit dem Shuttlebus vom Schiff zum Terminalgebäude. Das war allerdings vergebene Liebesmüh‘, man hörte schon von weitem ein Summen und Brummen wie in einem riesigen Bienenschwarm. Denn in der Nacht war ein weiteres Kreuzfahrtschiff angekommen und der Wartebereich war wieder voller Menschen und das WLAN-Netz kollabierte alle 2 Sekunden. Deshalb musste die Menschheit noch einen weiteren Tag auf den 5. Blogeintrag warten. Denn erst im Montevideo sollte es klappen.
Die bereits von außen besichtige Präsidentenresidenz öffnet sonntags immer ihre Pforten für Besucher. Das wollten wir nutzen.
Im Foyer der Residenz betrachteten wir ein Sammelsurium von Ölbildern, wie Che Guevara, Eva Perón, und weiteren Leuten, die uns allerdings nichts sagten. Um tiefer ins Innere vorstoßen zu können, hätte wir uns ein Nummernkärtchen geben lassen müssen, um dann nach einer ungewissen Wartezeit in geführten Gruppen durch das Gebäude geschleust zu werden. Da brachen wir lieber die Innenbesichtigung ab.
Auf dem Platz vor der Casa Rosada hatten Veteranen des Falklandkriegs ein kleines Erinnerungscamp aufgebaut. Das Thema Falkland ist hier immer noch ein Thema. Der Begriff Falkland ist hier übrigens verpönt, man spricht von den Malwinen.
Nach so viel Politik und Geschichte lockte nun wieder ein Handwerkermarkt. Hier kann man wirklich schöne Dinge kaufen, aber leider ist unsere Wohnung schon sehr voll. Eine kluge Mitreisende hat einmal gesagt: „Den Krempel sollen die jungen Leute kaufen, die haben noch genug Platz zu Hause.“
28. Reisetag – Montag, 2.2.2015 Montevideo/Uruguay
Heute erreichten wir problemlos den Hafen von Montevideo, nachdem wir in der Nacht gemütlich mit geringer Geschwindigkeit den Rio de la Plata Richtung Atlantik entlang gedümpelt sind. Wir waren ja für alles ordnungsgemäß angemeldet.
Der Hafen liegt nahe der Altstadt und die Pier nahe am Hafenausgang, also konnte man bequem, ohne Warten auf einen Shuttlebus direkt in die City laufen. Sogar eine Wechselstube befand sich direkt am Hafenausgang. Die Altstadt war auf den kauffreudigen Touristen ausgerichtet.
Wir fanden ein kleines etwas schmieriges Restaurant, das allerdings auf einem kleinen Plakat WLAN versprach. Also nichts wie rein, hatte ich doch zufällig mein Netbook im Rucksack, zum Trinken Cola bestellt und den Rechner ausgepackt. Schnell wurde Windows 8 hochgefahren (geht viel schneller als Windows 7 oder XP) und nun wollte ich mit meinem aufgeklappten Rechner an der Theke nach dem Passwort fragen. Dieser sagte aber ziemlich ungerührt nur: „Internet“ und schüttelte heftig mit dem Kopf. Dumm gelaufen, insbesondere, dass jeder von jetzt eine 0,66-Liter-Cola-Lite-Flasche vor sich stehen hatte. Da hat man lange dran. Und das war am Ende auch gut so. Nach knapp 15 Minuten sagte der Wirt wieder: „Internet“ und schrieb etwas auf einen Zettel, nämlich das Passwort des WLAN-Netzes von dieser Kneipe. Dem Hochladen des 5. Blogeintrags stand nichts mehr im Weg.
Jetzt konnten wir noch den kulturellen Teil Montevideos abarbeiten. Wir statteten der “Catedral Metropolitana“ einen kurzen Besuch ab und erreichten nach einem kleinen Fußmarsch den “Placa Inpendencia“. Hier hat man sehr kompakt alles zusammen, was sehenswert ist, wie das erste Hauchhaus von Montevideo, ein im Zuckerbäckerstil gestaltetes Gebäude oder die unter einem monströsen Reiterdenkmal gelegene Gedenkhalle und Mausoleum des Nationalhelden José Gervasio Artigas.
Nach Rio de Janeiro und Buenos Aires war Montevideo die dritte Metropole in Südamerika. Deshalb möge man uns nachsehen, dass wir bereits am ganz frühen Nachmittag zurück zum Schiff gingen und die eine oder andere Sehenswürdigkeit dadurch verpasst haben.
29. Reisetag – Dienstag, 3.2.2015 Seetag
Das Highlight des Vormittags war eine erneute Austernparty (siehe auch Eintrag vom 7.1. und 15.1.2015) der ich aus den bereits bekannten Gründen wieder fernblieb. Allerdings gibt besagte Party mir Gelegenheit über die ebenfalls bereits erwähnten aber noch nicht konkretisierten skurrilen Anfragen zu berichten, die während der Sprechstunde des Betreuers für die Gold und Silbergäste so anfallen. Am Nachmittag kam ein Passagier in die Sprechstunde vom Phoenix-Mann Bernd Wallisch in den Jamaica-Club, wo ich mal wieder mal am PC für den Blog saß. Besagter Passagier beschwerte sich, dass er während der Austernparty heute Morgen keinen Gratis-Doppelkorn erhalten habe, obwohl dieser doch ausdrücklich im Tagesprogramm erwähnt wurde. In einem ausführlichen Gespräch wurde festgestellt, dass der sich beschwerende Herr erst innerhalb der zweiten halbe Stunde des einstündigen Events erschienen war. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kellner die Schnapsverteilung bereits eingestellt, weil es sich um einen „Einstimmungsschnaps“ handeln sollte. Bernd Wallisch wusste aber Rat und bot dem Gast an, dass sie jetzt zusammen in Harry’s Bar auf Kosten von Phoenix einen Doppelkorn zu sich nehmen. Der Gast lehnte aber dankend ab, weil er sich sowieso nicht so viel aus Schnaps mache und verließ zufrieden die Sprechstunde. Bernd Wallisch verdrehte nur ganz leicht die Augen, anstatt einfach mal kräftig in die Tischkannte zu beißen – er hat wirklich Nerven wie Drahtseile und die Geduld eines Lammes.
Am Abend war wieder mal Gala angesagt. Wir hatten erst vor einigen Tagen Abschiedsgala, weil ein großer Teil der Passagiere in Buenos Aires von Bord gegangen war.
Jetzt stand eine Begrüßungsgala auf dem Programm, mit der Gelegenheit dem Kapitän die Hand zu schütteln, denn in Buenos Aires sind auch wieder neue Passagiere an Bord gekommen. Jetzt waren wir noch mal 150 Passagiere mehr als vorher auf dem Schiff, in Summe ca. 1000 Stück.
Das Publikum an Bord ist jetzt im Schnitt ein wenig jünger geworden und auch etwas hemdsärmeliger, das liegt wohl an der Route, nämlich Patagonien und Kap Hoorn.
Galaabende versprechen meist eine Speisekarte, die uns nicht so genehm ist. Wir bevorzugen sowieso eher gemischte Hausmannskost und an solchen Abenden will der Koch klangvolle Gerichte präsentieren, und heute stand Entenbrust auf dem Programm. Aus Erfahrung wissen wir, dass dieses Federvieh medium serviert wird, das heißt der Vogel lebt beinahe noch.
Aber es gibt ja einen Ausweg – der Kabinenservice. Man kann sich (wie auch 2013 auf der MS Amadea) Schnitzel, Hamburger und Pizza vom Kabinenservice in seinen eigenen vier Wänden servieren lassen. Das Problem ist nur, es gibt nur einen Schreibtisch mit nur einem Stuhl und ein Nachtschränkchen, das man aber nicht verrücken kann.
Jetzt kommt unser vor einigen Tagen erworbener Klapptisch zum Einsatz. Er wird zwischen die Betten gestellt und alle Probleme sind gelöst. Auf den Tisch kommen die Teller mit den bestellten Schnitzeln nebst Kartoffelsalat und die ebenfalls georderten Getränke. Die Betten dienen als Sitzgelegenheit und dem Galaabend steht nichts mehr im Weg.
30. Reisetag – Mittwoch, 4.2.2015 Seetag
Morgen werden wir in Patagonien anlanden.
Patagonien bezeichnet den Teil Südamerikas, der sich südlich der Flüsse Río Colorado in Argentinien und Río Bío Bío in Chile sowie nördlich der Magellanstraße befindet. Eine genaue, festgelegte Abgrenzung gibt es nicht. (Quelle: Wikipedia)
31. Reisetag – Donnerstag, 5.2.2015 Puerto Madryn/Argentinien
Am frühen Morgen machten wir an der Pier von Madryn fest. Diese befindet sich am Ende eines ca. 500 Meter langes Steges.
Um 9:oo Uhr startet unser Ausflug zu einer großen Pinguinkolonie nach Punta Tomba. Dorthin zu gelangen ist zwar ein wenig aufwendig, man fährt mit dem Bus ca. 3drei Stunden, um dorthin zu kommen, teils über Autobahn, aber auch einen Teil über unbefestigte Schotterpisten.
Gleich nach dem Verlassen von Madryn beim Auffahren auf die Autobahn stehen wir im Stau. Der Grund ist weder hohes Verkehrsaufkommen noch ein Unfall, sondern der Streik von Arbeitern einer Fischfabrik. Die gaben nämlich, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, die Autobahn gesperrt. Und da trotz der südamerikanischen Gelassenheit, von der uns der argentinische Reiseleiter im Bus gerade noch erzählt, die Streikenden von Autofahrern mit einem weniger hohen Anteil an Gelassenheit nicht verprügelt werden, ist auch die Polizei anwesend. Die Streikenden unterbrechen nach Gutdünken immer mal wieder ihre Sperrung, sodass wir nach 45 Minuten dann doch weiterfahren konnten.
Die Fahrt führte uns im wahrsten Sinne des Wortes durch die Pampa, eine Landschaft, bewachsen mit niedrigen Büschen und das bis zum Horizont nach allen Richtungen. So fahren wir knapp 200 Kilometer und auf dieser Strecke kommen wir nur an einzigen Ortschaft vorbei.
Das letzte Stück der Fahrt führt über eine etwa 20 Kilometer lange Schotterpiste und wir erreichen die Pinguinkolonie. Nicht nur am Strand, sondern auch viele hundert Meter vom Meer entfernt befinden sich einzeln und in Gruppen die Pinguine, genauer Magellan-Pinguine. Die Tiere werden bis zu 70 cm groß und bis zu 4 kg schwer. Ihnen fehlt jegliche Scheu vor dem Menschen. Vor den Betreten der Kolonie wurden wir noch einmal belehrt, dass wir
- uns nicht näher als zwei Meter den Tieren nähern sollen,
- die vorgesehen Wege nicht verlassen dürfen,
- die Tiere auf keinen Fall anfassen dürfen,
- ein den Weg kreuzender Pinguin immer Vorfahrt hat.
Knapp zwei Stunden verbrachten wir mit der Beobachtung der Tiere und als Zugabe konnten wir noch am Rand der Kolonie einige Guanacos beobachten. Das Guanaco ist die Stammform des domestizierten Lamas. Der Ausflug hat sich wirklich gelohnt. Ich denke die Bilder sprechen für sich.
Hier wäre mein Bericht für heute eigentlich zu Ende, wenn ich nicht noch eine seltsame Beobachtung der Spezies Reisegruppe gemacht hätte.
Gegen 15:00 Uhr bestiegen wir wieder den Bus, wo wir auch unsere Lunchbox erhielten und die Rückfahrt begann, voraussichtliche Dauer 3 Stunden + X, wobei X für die nicht bekannte Zeit im Stau wegen des Streiks steht. Der Reiseleiter, der Auf der Hinfahrt haarklein den Verlauf der Fahrt erklärt hatte, wann und wo Fotostopp und Pipi-Pause eingelegt würden, wünschte uns jetzt nur einen guten Appetit und sagte sonst nichts. Nach einiger Zeit fragte ich ihn, ob wir auch wieder einen Pipi-Stopp machen würden. Er meinte, eigentlich nicht, aber er könne ja kurz vor der Tankstelle, wo wir schon am Vormittag angehalten hatten, kurz nachfragen, ob jemand bedarf hätte.
Kurz vor der Tankstelle fragte er von vorne über Mikrofon, ob wir einen Toilettenstopp machen sollten. Wer aufs Klo müsse, möge bitte die Hand heben. Trotz Lunchpaket mit einer Flasche Mineralwasser und einer Dose Bier war ich der einzige der die Hand hob (auch stellvertretend für Doris). Da fragte mich der Komiker am Mikrofon, ob ich denn tatsächlich müsse. Ich saß in der vorletzten Reihe und fragte deshalb über die Köpfe der Mitreisenden mit lauter Stimme, lob ich den meine “Bedürfnisse“ jetzt auch noch begründen müsse. Im Bus herrschte nur betretenes Schweigen und auch die Begleiter von Phoenix machten keine Anstalten, die Inquisition des argentinischen Guides zu missbilligen. Der Reiseleiter bat, dass jetzt gleich nur die Leute aussteigen mögen, die auf die Toilette müssten.
Ich möchte nur am Rande erwähnen, dass mehr als die Hälfte der Businsassen den Stopp gerne genutzt haben und der Reiseleiter von uns kein Trinkgeld bekommen hat.
Und gelernt habe ich, dass eine Reisegruppe eine geduldige, leidensfähige, widerspruchslose träge Masse ist und “keinen Hintern in der Hose“ hat, es sei denn, jemand anderes sorgt dafür, dass sie denselben auf eine Porzellanschüssel setzen können.
32. Reisetag – Freitag, 6.2.2015 Puerto Madryn/Argentinien
Gegen 10 Uhr verließen wir das Schiff, um Puerto Madryn zu erkunden. Die Stadt liegt auf der Halbinsel Valdés und hat ca. 80.00 Einwohner. Gleich an der Pier gab es einige Seelöwen und einen See-Elefanten zu sehen. Sie hatten es sich in den vorhandenen Nischen der Pier gemütlich gemacht und dösten in der Sonne.
Jetzt stand die Entscheidung an, zu Fuß oder mit dem Shuttlebus zum Hafenausgang zu gelangen. Die Pier und der sich anschließende Steg schienen uns doch sehr sehr lang, kurz, wir fuhren mit dem Bus. Direkt am Ende des Stegs war auch der Hafenausgang, links und rechts davon begannen gleich die Badestrände und dahinter gleich das belebte Zentrum.
Wir absolvierten erst einmal das übliche Programm, Café mit WiFi, Besichtigung des Warenangebots von zwei Supermärkten, den Besuch einer kleinen Kirche und der Bummel durch diverse kleine Einkaufssträßchen.
Unsere innere Uhr und der innere Kompass brachten uns automatisch gegen 13 Uhr zur Haltestelle des Shuttlebusses, so dass wir auf dem Schiff zu Mittagessen konnten. Es gab Currywurst mit Pommes und hinterher Eis. So gestärkt konnte die zweite Tageshälfte in Angriff genommen werden – ein Strandspaziergang. Das Wetter war optimal, Sonne mit leichter Bewölkung und nicht mehr ganz so heiß, wie die Tage von Rio bis Monte Video.
Je weiter man sich am Strand vom Hafen entfernte, umso belebter wurde der Strand. Durch Ebbe und Flut variierte die Breite des Strands um mehrere hundert Meter. Aber auch bei Flut ist er noch sehr breit, sodass man trotz der Menschenmenge keine Platzangst zu haben brauchte.
Wir marschieren tapfer mit hochgewickelten Hosenbeinen durch das seichte Wasser die ca. 3 Kilometer bis zum Ende der Bucht. Dieser Teil des Strandes wird von hunderten von Möwen als Rastplatz beansprucht.
Gegen 20 Uhr verlässt das Schiff den Hafen und nimmt Kurs auf Punta Arenas in Chile.
33. Reisetag – Samstag, 7.2.2015 Seetag
Es wird merklich kühler. Wir befinden uns mittlerweile etwa auf dem 40. Südlichen Breitengrad, sind also schon jenseits der tropischen Breiten. Das hält uns natürlich nicht ab, weiterhin unsere Spaziergänge an Deck durchzuführen und auf das scheinbar unendliche Meer zu blicken. Das Schiff fährt weit von der Küste entfernt seinen südlichen Kurs, sodass kein Land zu sehen ist.
Am frühen Abend fanden wir in unserer Kabine einen Umschlag vor. Er enthielt ein Schreiben, dass sich der Kapitän freut, uns beim Abendessen im Artania Restaurant an seinem Tisch begrüßen zu dürfen. Dies ist für viele Kreuzfahrer die höchstmögliche Weihe, nämlich am Kapitänstisch zu dinieren. Wie wir zu dieser Einladung gekommen sind ist uns schleierhaft, vielleicht wurde das ausgelost? In dem Schreiben wird aber auch auf die Option hingewiesen, dass man an der Rezeption absagen kann. Diese Option haben wir schließlich gezogen. Wir haben solche Kapitänsdinner schon viele male beobachtet. An einem großen Tisch sitzen der Kapitän, der Kreuzfahrtdirektor und der ein oder andere Offizier und ca. 10 geladenen Passagiere. Das Ganze ist eine ziemlich Steife und gezwungene Sache mit einer aufgesetzten Fröhlichkeit mit wildfremder Menschen am Tisch. Außerdem muss man Essen, was auf den Tisch kommt und da haben wir ja bei Galas so unsere Probleme. Das Essen zieht sich über mindestens zwei Stunden (man darf da nicht einfach aufstehen, wenn man satt bzw. fertig ist), denn man warten muss, bis der Letzte seinen Napf geleert hat. Und man wird die ganze Zeit von den Passagieren an den umliegenden Tischen neugierig beäugt (so wie wir das auch schon getan haben). Es wäre sicherlich einerseits eine interessante Erfahrung gewesen, andererseits lieben wir unsere Freiheit und Ungezwungenheit und mögen diese Zwänge halt nicht so besonders.
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